Wikinger
Am 8. Juni 793 überfielen Wikinger das englische Kloster Lindisfarne. Mit dieser Nummer betraten die Nordgermanen aus Skandinavien so krachend das europäische Parkett, dass es jeder mitbekam.
Die Lindisfarne-Mönche blieben nach dem Überfall übrigens zäh und rund weitere 80 Jahre da. Erst 875 verließen sie das Kloster wegen immer wiederkehrender Wikingerüberfälle um erst 1082 zurückzukehren. Heinrich VIII. löste das Kloster 1536 auf.
Wikinger und Normannen (Nordmänner) waren im Mittelalter dasselbe. Heute ist Wikinger der Oberbegriff und als Normannen zählen die dänischen Wikinger, die in der französischen Normandie (warum heißt die wohl so?), in Britannien und später auf Sizilien waren.
Waräger (Eidgenossen) nennt man die Schwedischen Wikinger, die in Russland siedelten und bis nach Byzanz kamen. Die norwegischen Wikinger siedelten auf Island, Grönland und kamen bis Neufundland auf dem nordamerikanischen Kontinent.
Wikingerhelme hatten keine Hörner. An einem Horn bleibt eine in feindlich Absicht geschwungene Axt viel zu leicht hängen und reißt im günstigsten Fall den Helm vom Kopf.
Vermutlich stammt das Bild mit gehörnten Helmen aus dem 19. Jahrhundert. Damals waren romantische Vorstellungen von Germanen Mode. Angeblich hat der Komponist Richard Wagner Hörner und Federschmuck an Helmen eingeführt. So sah der Hagen-Darsteller mit schwarzen Federn am Helm einfach noch finsterer aus. Vielleicht wurden damals auch Kelten (die hatten vermutlich für kultische Handlungen Helme mit Hörnern) mit Germanen gemixt.
Und noch etwas: Die ersten Wikingerschiffe hatten keine Segel. Es wurde gerudert. Segel gab es erst ab dem 8. Jahrhundert. Der Mast war abnehmbar.
Die Segel waren aus der Wolle langhaariger Schafe gewebt, diese Wolle war wasserabweisend. Zusätzlich rieben die Wikinger die Segel mit Fett ein.
Da Wikingeranführer in ihren Schiffen beerdigt wurden, weiß man recht viel über deren Schiffe. Allerdings wurde keiner in langweiligen Handelsschiffen oder den 50 Meter langen Drachenschiffen (Dreki)beerdigt. Die Wikinger bestatteten ihre Anführer in kleineren Privat- oder Kriegschiffen. Neben den Dreki gab es noch die kleineren Schiffstypen Skuta, Karfi (20 Meter lang), Snekka (30 Meter lang) und Skeith (30 Meter lang).
Vor Roskilde in Dänemark wurden ab 1962 neun Wikingerschiffe unter Wasser im Schlick gefunden.
Um die Schiffe restaurieren zu können, müssen sie aufbereitet werden. An Land würden die jahrhundertelang gut eingeweichten Schiffe zerfallen. Deswegen müssen sie vorbereitet werden. Dazu lagern die Holzschiffe in Tanks mit einer Wasser-Glykol-Mischung, um das Holz zu stabilisieren. Nach und nach wird so das Holz wieder fester und man kann die Schiffe an der frischen Luft aufstellen.
Wikinger bauten ihre Schiffe ohne Sägen. Sie bearbeiteten das Holz mit Äxten. Dabei spalteten sie die Baumstämme in Längsrichtung, damit das Holz in Faserrichtung auseinander ging. Solche Bretter sind elastischer und haltbarer.
Die Schiffe waren seetüchtig, im Sturm konnten sie von einem Mann gesteuert werden. Das konnte inzwischen mit über 30 neuzeitlichen Nachbauten gezeigt werden.
1893 schaffte es ein etwa 23 Meter langes Wikingerschiff von Norwegen zu den USA zu fahren. Die Viking, war ein Nachbau des so genannten Gokstadt-Schiffes. Sie segelte in 27 Tagen von Bergen über den Atlantik und New York nach Chicago zur damaligen Weltausstellung. Ein gleichzeitig gestarteter Nachbau der Santa Maria in Spanien brauchte doppelt so lange und musste in den New Yorker Hafen geschleppt werden.
Allerdings waren die Schiffe auch nicht unsinkbar. 1950 versank der Drachenboot-Nachbau Ormen Friske in der Nordsee.
Wikingische Handelsschiffe war die Knorre die später zu Nef und Hogge weiterentwickelt wurde. Sie waren kürzer und dickbauchiger als die Drachenboote und brauchten nur drei Mann Besatzung, hatten aber in der Regel acht bis zwölf Mann an Bord.
Die Bezeichnung Wikinger leitet sich entweder von viking ab, was entweder rauben, auf Beutezug oder auf Fahrt sein bedeutet. Allerdings könnte es auch vom lateinischen vicus kommen, das fahrende Männer bedeutet.
Um 620 besiedelten norwegische Wikinger die Hebriden, ab 800 die Faröer- , die Orkney- und die Shetland-Inseln. Um 820 waren sie auf Irland. 930 landeten sie auf Island und 986 auf Grönland.
Der Entdecker Grönlands ist Erik der Rote. Er wurde wegen eines tödlich verlaufenen Streits mit seinem Nachbarn verbannt. Erik durfte sich drei Jahre lang nicht mehr auf Island blicken lassen. Er suchte daraufhin mit ein paar Kumpels eine Küste von der 875 Gunnbjörn Ulfsson berichtet hatte.
Über solche Verbannungen entschied damals die Versammlung der Wikinger, das Thing. In Island fand das Thing an einer Stelle statt, von der man heute weiß, dass dort zwei Kontinentalplatten aneinanderstoßen, Island befindet sich auf dem ansonsten unter dem Atlantischen Ozean liegenden Mittelatlantischen Rücken.
Das isländische Althing ist übrigens das älteste Parlament der Welt. Es wurde wurde 930 aus einer Treffen von Wikingerhäuptlingen heraus gegründet. Alting heißt noch heute das isländische Parlament.
In Südwestgrönland entdeckte Erik fruchtbares Land, das zudem noch besser war, als das was ihm in Island gehörte. Wieder zurück, schaffte er es Siedler zu werben, die zusammen mit 25 Schiffen 14 kamen an übersetzten.
Die erste Sichtung Nordamerikas kann man wohl Bjarni Herjulfson zuschreiben. Er suchte die Grönländischen Wikingersiedlungen und versegelte sich. Allerdings wollte er bei den entdeckten Küsten nicht an Land gehen.
Um das Jahr 1000 herum segelte Leif Erikson, der Sohn Eriks des Roten, nach Neufundland im heutigen Kanada. Er suchte das Land von dem Bjarni berichtet hatte.
Im von Erik entdeckten Vinland wuchs allerdings nicht unbedingt Wein, möglicherweise bezeichnete Erik mit Vin dort wachsende Beeren.
Thorfinn Karlsefni und andere besiedelten schließlich Vinland für eine kurze Zeit. Es klappte aber nicht so recht mit den dort lebenden Indianern und die Siedlung wurde aufgegeben. Inzwischen belegen ausgegrabene Siedlungen die Anwesenheit der Nordmänner in Amerika.
Aber vermutlich segelten Wikinger bis in 14. Jahrhundert hinein noch nach Nordamerika. Hinweise dafür geben ausgegrabene Münzen, Pfeilspitzen und ein 1993 in Massachusetts gefundener Runenstein.
Nachts konnte man sich zum Navigieren nach dem Polarstern richten. Tagsüber hatte man die Sonne. Mit der funktionierte ein so genannter Sonnenkompass, eine Scheibe mit der man nach einigen Kalibrierungen die Himmelrichtung ermitteln konnte.
Im Königsspiegel einem mittelalterlichen Segelhandbuch von 1250 standen viele Informationen zur Navigation, die auch aus der Wikingerzeit überliefert waren.
Man vermutet, dass die Wikinger bei bedecktem Himmel mit einem so genannten Sonnenstein navigieren konnten. Das in Skandinavien vorkommende Mineral Cordierit färbt sich je nach Lichteinfall blau oder gelb. Die Farbe ist abhängig von der Polarisationsebene des Lichts, weswegen man auch den Sonnenstand bei bedecktem Himmel ableiten kann. Cordierit erscheint bläulich, wenn er in einer Linie mit der Sonne steht.
Wikinger waren auch Händler. Sie tauschten Bernstein, Brokat, Edelmetalle, Felle, Gewürze, Helme, Honig, Rüstungen, Seide, Silber, auch Sklaven sowie Tierhäute, Wachs und Waffen.
Bekannter wurden die Wikinger allerdings durch ihre Besuche, bei denen sie nicht lange handelten sondern fackelten. 793 überfallen Wikinger das Kloster Lindisfarne in Nordengland.
Die Drachenboote ragten etwa einen Meter aus dem Wasser und waren ohne Segel schwer auf See zu entdecken. Dazu hatten sie einen geringen Tiefgang und konnten deshalb gut an Küsten landen. Perfekt für überraschende Überfälle.
820 gründeten Wikinger ein Königreich auf der Isle of Man.
834 überfielen sie die Handelstadt Dorestad. Die Stadt lag damals am Rhein in der Nähe des heutigen Utrechts. Nach sechs Überfällen bis 873 war Dorestad keine bedeutende Handelsstadt mehr.
845 zerstörten sie Hamburg.
Zwischen 850 und 860 herum gründeten schwedische Wikinger in Nowgorod und in der heutigen Ukraine Königreiche. Der Wikinger Rurik war in Nowgorod der Legende nach der erste Herrscher Russlands. Bedeutsamer wird aber später das Reich der Kiewer Rus in der Ukraine. Rus bezeichnet dabei Ruderer.
Ab 860 überfielen Wikinger immer wieder Konstantinopel, die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches.
Ab 866 eroberten dänische Wikinger nach und nach Britannien.
881 besuchten Wikinger Mainz und Metz
885 fuhren Wikinger mit ihren Schiffen die Seine herauf und belagerten Paris. Allerdings ohne Erfolg. Ein Jahr später erreichten sie Burgund.
911 wurde der dänische Wikingerschiff Rollo Herrscher über die Normandie, die er als Lehen vom französischen König erhielt. So endeten die Belagerungen und Zerstörungen Paris. Die Normannen (Nordmänner) gaben der Normandie auch ihren Namen.
Harald "Blauzahn" war König der Dänen von 940
- 986. Er schuf quasi das dänische Königreich und starb
987 wohl von seinem Sohn Sven Gabelbart vertrieben. Er schuf auch
durch seine Bekehrung zum Christentum 962 durch Bischof Poppo die
Vorraussetzung für die Christianisierung Dänemarks.
Nach ihm wurde die drahtlose Computerverbindungstechnik "Bluetooth"
benannt.
988 bildeten schwedische Wikinger, als Warägergarde, die kaiserliche Leibgarde in Byzanz.
1016 wurde der Däne Knut der Große zum König von England.
1016 eroberten Ritter aus der Normandie im Auftrag süditalienischer Fürsten das Herzogtum Apulien und Kalabrien.
1066 schafften Normannen die letzte erfolgreiche Invasion Britanniens. Wilhelm der Eroberer, ein Nachfahre Rollos, setzte von der Normandie aus nach England über. Da sein Vater Herzog Robert I. der Normandie mit Wilhelms Mutter aber nicht verheiratet war, nannten ihn seine Feinde lieber Wilhelm den Bastard. Hinterher war er dan "Wilhelm der Eroberer".
1130 akzeptierte der Papst den Normannen Roger II. als König von Sizilien, Kalabrien und Apulien.
1183 heiratete die normannische Prinzessin Konstanze, Tocher Roger II., den Sohn Heinrich des Stauferkaisers Friedrich Barbarossa. Als Kaiser Heinrich VI. erobert er 1194 Sizilien und wird zum König gekrönt.
Nachdem sich die europäischen Städte immer mehr befestigten, war der wikingische Drive-in-Überfall bald nicht mehr drin. Auch Seeräuberei wurde schwierig, denn die Koggen waren höher. Sie waren schwerer zu entern und man konnte mit einer Kogge die Drachenboote von oben beschießen. Auch konnten die Koggen mehr transportieren, so dass die Wikinger auch nicht mehr als Händler gefragt waren. Und mit dem Gründen von Wikingerreichen wie in der Normandie, auf Sizilien oder in Russland waren aus den wilden Kerlen aus dem Norden am Ende ganz normale Adelige geworden.
Das letzte Gefecht mit Drachenbooten war vermutlich 1429. Drachenboote kämpften vor Bergen gegen Piraten, die mit Hansekoggen gekommen waren.