Die Sorben

In Deutschland gibt es eine kulturelle Minderheit, von der kaum jemand etwas weiß:

 

In der Gegend nordöstlich von Dresden stößt der verblüffte Reisende auf Schilder, die in zwei Sprachen beschriftet sind. Deutsch, klar, aber was ist die zweite Sprache? Polnisch? Tchechisch? Alles falsch: Es ist sorbisch.

In der Lausitz, der Region von Cottbus bis Bautzen, leben heute ca. 60.000 Angehörige des kleinsten slawischen Volkes, der Sorben.

Seit dem 6. Jahrhundert besiedelten slawische Stämme große Teile von Mittel und Norddeutschland. Die letzten Vertreter dieser Volksgruppen bilden heute die sorbische Minderheit in Deutschland.

Das geistig-kulturelle Zentrum der Sorben ist Bautzen. Hier finden sich die wichtigsten kulturellen und politischen Einrichtungen. Hier existieren sogar Schulen und ein Kindergarten, in denen man Sorbisch lernen und sprechen kann.

Die römischen Geschichtsschreiber benannten im 2. Jahrhundert n. Chr. die slawischen Stämme, die östlich des römischen Einflussgebietes, zwischen Karpatenund Ostsee lebten als "Venedi". Daraus entstand später der im Deutschen gebräuchliche Begriff für alle Slawen in Ost-und Mitteldeutschland (und den Alpenländern): Wenden.

Die erste Erwähnung findet ein sorbischer Stamm im Jahr 631 als der fränkische Chronist Fredegar eine "regio sorbi" beschreibt. Die lateinische Form "surbi" leite sich ab vom slawischen Eigennamen "Serbja".

Durch die Entwicklung einer eigenen Schriftsprache gelingt den Sorben auch der Eingang in die detusche Literatur. Aber erst nach 1945 kann sich die Bezeichnung "Sorben" gegenüber "Wenden" durchsetzen. Grund dafür war auch, das die Nationalsozialisten durch ihre Assimilationsbestrebungen den Begriff "Wenden" hauptsächlich abwertend verwendeten.

kleine kulturelle Chronik

1500 - Von den 5000 Einwohnern Bautzens sind etwa ein Drittel Sorben.

1574 - In der Druckerei Nikolaus Wolrab erscheint das erste gedruckte sorbische Buch.

1706 - Mit der Druckausgabe des Neuen Testamentes in Obersorbischer Übersetzung legt der Großpostwitzer Pfarrer Michal Frencel die Grundlage für die Entwicklung der obersorbischen Schriftsprache.

1842 - Gründung der sorbischen Wochenzeitung"Tydzenska Nowina" sie erscheint unter dem Titel "Serbske Nowiny" bis 1937 kontinuierlich.

1904 - Gründung des "Wendischen Hauses". Das Zentrum des sorbischen Kulturlebens wird 1945 in den letzten Kriegstagen von der SS niedergebrannt.

1938 - Die Nationalsozialisten verbieten alle Äußerungen sorbischer SPrache und Kultur in der Öffentlichkeit. Die sorbischen Einrichtungen werden geschlossen.

1948 - Der sächsische Landtag beschließt das Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung. Daraufhin werden staatliche Institusionen und Dienststellen geschaffen.

1991 - Nach der Wiedervereinigung werden die in der DDr entstandenen sorbischen Institutinen auf neue Organisationsformen um.

1999 - Der sächsische Landtag beschließt das Gesetz über die Rechte der SOrben im Fraistaat Sachsen.

Sorbische Bräuche

Vogelhochzeit
Am Morgen des 25. Januar wird ein Teller auf das Fenster gestellt, der mit Gebäck und Süßigkeiten gefüllt ist. Das sit das symbolische Geschenk der Vögel, die an diesem Tag Hochzeit feiern und sich bei den Kindern für das im Winter gestreute Futter bedanken.

Zampern
Ein wichtiger Fastnachtsbrauch. Die Erwachsenen gehen auf Zampertour, um für ihre Faschingsfeier Geld, Schnaps und andere Spenden zu sammeln.

Heischgänge
Bei den katholischen Sorben finden an Fasching und St. Martin (11. November) die sogenannten Heischgänge statt. Dabei ziehen Kinder und Jugendlicher verkleidet von Haus zu Haus und bitten um kleine Gaben, im Normalfall Süßigkeiten.

Ostern
Neben vielen anderen Bräuchen wie Osterwasserholen undOsterreiten, sind vor allem die sorbischen Ostereier bekannt: Die kunstvoll verzierten Eier werden nur mit Ornamenten, nicht mit bildlichen Motiven verziert.

Hexenbrennen
Am 30. April findet vor allem in den Dörfern das Hexenbrennen statt. Hier werden große Reisighaufen verbrannt auf denen oft eine gebastelte Hexe sitzt. Es handelt sich um einen typischen Winteraustreibungsbrauch.

Maibaum
In den Dörfern um Bautzen findet man noch Bräuche wie das Maibaumaufstellen und Maibaumwerfen.

 

Gesetze

Die Sächsische Verfassung von 1992:

Artikel 6
(1) Die im Land lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit sind gleichberechtigter Teil des Staatsvolkes. Das Land gewährleistet und schützt das Recht auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege und Entwicklung ihrer angestammten Sprache Kultur und Überlieferung, insbesondere durch Schulen, vorschuliche und kulturelle Einrichtungen.

 

Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen von 1999

§4 Sorbische Fahne und Hymne
(1) Farben und Wappen der Sorben können im sorbischen Siedlungsgebiet gleichberechtigt neben den Landesfarben und dem Landeswappen verwendet werden. Die sorbischen Farben sind Blau-Rot-Weiß.

(1848 hatten sich die Vertreter der slawischen Völker auf diese sogenannten "panslawischen Farben" geeinigt.)

§9 Sorbische Sprache vor Gerichten und Behörden

Im sorbischen SIedlungsgebiet haben die Bürger das Recht, sich vor Gerichten und Behörden des Freisataates Sachsen sich der sorbischen Sprache zu bedienen.

 

 

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