poetry slam
Was ist das bloß für ein Event, da stellen sich unbekannte Wortkünstler auf eine Bühne und tragen ihre Werke vor. Fast wie ein Rockkonzert, nur ohne Mucke...und weniger Groupies...
Teile des Textes wurden mit freundlicher Genehmigung der Macher der laienlyriX.de Website geklaut.
Der Poetry Slam ist eine ursprünglich in Amerika entwickelte Form des regelmäßigen, für alle offenen Lesewettbewerbs, auf dem sich Autoren mit eigenen Texten vor einem Publikum und einer gewählten Jury "bewähren" müssen.
Literarische Vorläufer sind DaDa, Beat Generation und die Spoken-Word-Poesie afro-amerikanischer Dichter und Rapper.
Die unverwechselbare Atmosphäre der Clubs und die Interaktion zwischen Künstler und Publikum ist das besondere des Poetry Slam. Die ZuhörerInnen sind aktiv am der Gestaltung einer Veranstaltung beteiligt, der Vortragende mutiert zum Performance-Künstler. Der Moderator selbst wird zum MC ("Master of Ceremonies", wobei hier die stilistische Nähe zum HipHop deutlich wird.)
Allerdings muss man sich auch klar machen, dass öffentliche Dichterlesungen schon in der Antike bekannt waren. (oftmals verbunden mit einer fröhlichen Steinigung des Vortragenden ;-) ) Allerdings lebt in den Poetry Slams das archaische dieser Kunst fort und bildet einen interessanten Gegensatz zur restlichen aktuellen Kultur. Hier wird kein Superstar gesucht, sondern Literaten wie du und ich (genau so begabt bzw. unbegabt) stellen sich dem Urteil der Zuhörer. Nix mit TED oder Dieter Bohlen. Talentfreiheit ist hier kein Ausgrenzungsgrund. Das Livepublikum zeigt schon wen oder was es mag.
Slam?
"Slam" wird imOxford English Dictionary als "a severe blow; a violent impact" bezeichnet: ein kräfiger Hieb oder Schlag. Als Verb bedeutet "to slam" vor allen Dingen, jemand oder etwas einen Treffer zu verpassen oder einem Gegner eine empfindliche Niederlage beizubringen.
In der amerikanishen Umgangssprache bedeutet "to slam" etwas oder jemand schlecht machen, vernichtend schlagen. Im Kneipenjargon bedeutet es, Alkohol schnell zu trinken. Als "Slammer" gilt auch ein Gefängnisinsasse und "Slam" repräsentiert schließlich den Knast.
Interessant ist auchdie Bedeutung des Wortes im Sport. Vom Slam beim Baseball spricht man beispielsweise, wenn eine Mannschaft einen großen Sieg erringt, z.B. indem sie ein Turnier gewinnt.
Marc Smith, der als einer der Erfinder der Slam Poetry und besonders
der Poetry Slams gilt, erklärt den Begriff so:
"Slam Poetry is performance poetry. It recognizes that
the art of performance is as important an art as the art of forming
words into poems on the printed page."
Der "Spiegel" erläuterte den Begriff mit einem Verweis
auf seinen sportlichen Charakter:
"Slams sind eine Mischung aus sportlichem Wettkampf, Party
und Lesung. Die geladenen Autoren, eher unbekannte als bekannte,
haben ein paar Minuten für ihren Vortrag und werden nach einem
Punktesystem bewertet wie beim Boxen."
Poetry?
Poetik, die deutsche Übersetzung von Poetry, wird im Literaturlexikon als Dichtkunst bezeichnet. Diese setzt sich bekanntermaßen aus den drei großen literarischen Gattungen Epik, Dramatik und Lyrik zusammen. Unter Epik versteht man die narrative Erzählkunst in Prosa. Dramatik ist der szenische Dialog auf der Schauspielbühne mit seinen hauptsächlichen Ausprägungen Komödie und Tragödie. Lyrik schließlich ist intensive, sehr subjektive Dichtung, meist in Reimen und in Form von Strophen.
Ursprünglich war Lyrik Gesang, der zur Lyra, einem Seiteninstrument ähnlich der Leier, vorgetragen wurde. Diese Verknüpfung von Text und Musik hat sich bis heute erhalten.
Berühmteste Slam Poetry Szene der Filmgeschichte: Peter Ustinov in der Rolle des Nero besingt, sich selbst auf der Leier begleitend, spontan den Brand von Rom im Film "Quo vadis". ;-)
In the beginning...
Vom sozialkritischen Anspruch hat besonders die amerikanische Slam
Poetry (zumindest in ihren Anfängen) Ähnlichkeit mit dem
Rap. Wie der Rap vor seiner Kommerzialisierung, ist Slam in Amerika
Sprachrohr für marginalisierte ethnische Gruppen in den Ghettos,
die ihrer Unterdrückung lautstarken Ausdruck geben.
Themen waren: Rassismus, alltägliche Gewalterfahrungen, Armut und Alkoholismus. Der wütende Protest gegen unhaltbare soziale Missstände der Reagan-Ära war auch ein Hauptanliegen der amerikanischen Spoken Word-Bewegung und der ersten Slam-Poeten in den USA.
"Die Dichter der neunziger Jahre pfeifen auf Verse im klassischen Maß. Ihre Lyrik bleibt hart an der Wirklichkeit, sie kündet von Aids, Gewalt und Rassismus und kommt manchmal auch verspielt, locker und witzig daher. Eines vor allem macht die Gedichte ungewöhnlich: ihr antilyrischer Gestus, ihre Nähe zum Slang."
Den Anfang des Poetry Slam markiert ein Club: Der Green Mill Club in Chicago, wo der Ex-Bauarbeiter und Dichter Marc Smith 1986 seine Idee verwirklichte, Lesungen durch eine Mixtur aus Wettkampf und Party "aufzuwerten". Sein Vorhaben fiel dabei auf den fruchtbaren Boden einer regen Subkultur, die unterschiedlichste Einflüsse aus Streetpoetry, Performancekunst und Punk integriert hatte.
Bob Holman über Marc Smith:
"Die Slams wurden von Marc Smith aus der Taufe gehoben,
der zwar Lyrik liebte, aber einfach nicht glauben konnte, wie langweilig
die Dichterlesungen waren, die er besuchte. Unbekümmert und
in dem Bestreben, dem Publikum wieder Einfluß auf das Gedicht
zu verschaffen, machte er das Unmögliche wahr: Bei einem Poetry
Slam bewerten Juroren, die aufs Geradewohl aus dem Publikum bestellt
werden, die Gedichte nach dem gleichen System wie beim olympischen
Kunstspringen. Eine Null für ein Gedicht, das nie hätte
geschrieben werden sollen, eine Zehn für ein Gedicht das bei
allen einen gleichzeitigen Orgasmus auslöst."
Von größeren Städten mit entsprechender Literaturgeschichte
und -szene wie Boston, Chicago, New York und San Francisco verbreitete
sich Slam Poetry über viele Staaten der USA und von dort ab
Mitte der 90er Jahre in die alte Welt und nach Asien. Es folgten
Slams in England (London 1994), Schweden (Stockholm 1994), Japan
(Tokio 1995) Israel (Jerusalem 1996) und den Niederlanden (Amsterdam
1996).
... and then
In Deutschland fanden Slams zuerst in Berlin (1993/94), Hamburg
(Slamburg), München und Köln statt. Von den Ursprüngen
in kleinen Bars und Cafés hat sich Poetry Slam inzwischen
zu monatlichen Großveranstaltungen wie z.B. im Münchner
Substanz mit mehreren 100 Gästen gemausert.
Deutsche Slam-Meisterschaften werden seit 1997 jährlich abgehalten.
Zum Schluß noch einmal Marc Smith:
" The Slam does not exist to glorify the poet but rather
to celebrate the comunity of which the poet is only a small part
of."