Die GrÜndung der Schweizer Garde

2006 feiert die kleinste Armee der Welt ihren 500sten Geburtstag. Warum hält sich der Papst eigentlich ein Rudel Eidgenossen zur Selbstverteidigung?

Man muss bis in die Zeit der Renaissance zurückgehen, um zu verstehen, was Papst Julius II. bewog die Schweizer nach Rom kommen zu lassen.
Die eidgenössischen Soldaten galten auf Grund ihres Mutes, ihrer edlen Gesinnung und ihrer sprichwörtlichen Treue als unbesiegbar. Aus diesem Grunde spielten damals die schweizerischen Kantone, die sich einmal mit diesem, einmal mit jenem Staat verbündeten, eine bedeutende Rolle in der europäischen Politik. Gardeeinheiten aus Söldnern waren nicht ungewöhnlich.

Im Gegensatz zu Söldnern aus den Bergen hob der Deutsche Kaiser Maximilian um das Jahr 1500 Soldatenheere aus, die aus dem deutschen Land stammten, die so genannten „Landsknechte“, fälschlich auch „Lanzknechte“ genannt, weil sie ebenso wie die Schweizer den Langspieß führten.
 
1505 fragte Papst Julius II. bei der Tagsatzung, der Versammlung von Abgesandten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, an, damit diese ihm ein Kontingent von Söldnern als Leib- und Palastwache zur Verfügung stellten. Im September des selben Jahres machten sich die 150 ersten Schweizergardisten auf den Weg nach Rom.

Das offizielle Gründungsdatum der Päpstlichen Schweizergarde ist der 22. Januar 1506, der Tag, an dem bei Einbruch der Dunkelheit 150 Schweizer unter ihrem Hauptmann Kaspar von Silenen aus dem Kanton Uri durch die Porta del Popolo zum ersten Mal in den Vatikan einzogen und von Papst
Julius II. gesegnet wurden.
 
Von 1521 bis 1526 kämpften Spanien und Frankreich um die um die Vorherrschaft in Norditalien.
Karl aus dem Haus Habsburg war in Personalunion König Karl I. von Spanien und Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
1525 nahm Karl den französischen König Franz I. in der Schlacht bei Pavia gefangen.  Deshalb beendete Papst Clemens VII 1526 die Allianz mit dem deutschen Kaiser und schloss sich am 22. Mai der profranzösischen Liga von Cognac an.

Der Heiligen Liga von Cognac gehörten neben Papst Clemens VII. noch der französische König Franz I., der Herzog von Mailand Francesco II. Sforza, die Republik Venedig und einige kleinere oberitalienische Herrscher an. Kaiser Karl  brachte Franz I 1526 zur Unterzeichnung des Vertrags von Madrid, in dem Frankreich auf seine Ansprüche in Norditalien verzichtete. Nachdem Franz wieder frei war, brach er jedoch sein Wort.

Da der Papst mit seiner Bündnispolitik gegen den Kaiser arbeitete, zogen Karls Söldner nach Rom, eroberten die Stadt, und es kam zum Sacco di Roma (ital. Plünderung Roms).

Der Sacco di Roma begann in den Morgenstunden des 6. Mai 1527.
Die Plünderung geschah mit Duldung Karls, weil ihm die Mittel fehlten, die Landsknechte zu bezahlen und die kaiserlichen Truppen, welche in Oberitalien kämpften, schon seit längerem keinen Sold mehr erhalten hatten. Auch die Landsknechtführer wie Georg von Frundsberg konnten ihre Truppen nicht mehr halten. Frundsberg erlitt er einen Schlaganfall und kehrte, seelisch und körperlich gebrochen, nach Deutschland zurück, wo 1528 starb.
Rom, eine der reichsten Städte der Renaissance, war auf den Angriff des 24.000 Mann starken Heeres mit deutschen Landsknechten, spanischen Söldnern und italienischen papstfeindlichen Condottieri überhaupt nicht vorbereitet. Die Stadt wurde von zwei Seiten gestürmt: Während die deutschen Söldner von Trastevere aus einfielen, zogen die spanischen und italienischen Söldner vom Vatikan aus durch die Stadt. Die Söldner raubten, vergewaltigten, folterten und töteten wahllos unter allen Ständen der Bürger Roms.

Man geht heute von weit über 30.000 Opfern aus. Dies ist für die damalige Zeit eine sehr hohe Zahl und entspricht über der Hälfte der damaligen Bevölkerung Roms. Kirchen und Paläste wurden geplündert und in Brand gesetzt, auch vor Krankenhäusern machten sie nicht Halt. Über 90% der Kunstschätze in Rom, darunter die Goldschmiedearbeiten der Kirchen, gingen in den Tagen des Mai 1527 verloren.

Die Schweizergarde, und die wenigen römischen Truppen leisteten verzweifelten Widerstand, konnten jedoch kaum dem Sturm der kaiserlichen Söldner standhalten. Die Schweizergarde, hatte sich vor St. Peter zusammengezogen und verteidigte den Vorplatz erbittert.

Papst Clemens VII. war in der Zwischenzeit von St. Peter aus durch einen geheimen Fluchtgang, den Passetto di Borgo, mit 42 Schweizern in die Engelsburg geflohen, wo sie von den Angreifern belagert wurden. Von den 189 Schweizern überlebten nur die 42 Gardisten, die Clemens VII. zu seinem Zufluchtsort begleiteten. Die anderen fielen heldenhaft, zusammen mit 200 in die Kirche Geflüchteten, vor dem Hochaltar von Sankt Peter.

Nach einer mehrwöchigen Belagerung der Engelsburg kapitulierte am 5. Juni 1527 Papst Clemens VII. Er musste die Festungen Ostia, Civitavecchia und Civita Castellana übergeben, auf die Städte Modena, Parma und Piacenza verzichten und 400.000 Dukaten plus Lösegeld für die Befreiung der Gefangenen zahlen.

Am 29. Juni 1529 schloss Clemens VII. mit Kaiser Karl V. den Frieden von Barcelona. Er erhielt die Herrschaft über den Kirchenstaat zurück und bestätigte ihn als Kaiser es Heiligen Römischen Reichs.

Papst Clemens VII hat die Fehlentscheidung praktisch zum Programm erhoben. Wegen der Reformation verlangte Kaiser Karl V. von Clemens VII. die Einberufung eines Konzils, dem leistete der Papst jedoch keine Folge. Auch die Forderung von Heinrich VIII., dessen Ehe mit Katharina von Aragón zu scheiden, lehnte Clemens VII. ab, sodass der englische König sich und sein Land vom Papst lossagte, welches letztlich mit der Church of England zu einer weiteren Kirchenspaltung führte. Unter seinem Pontiffikat fiel ein Drittel des Abendlandes von der katholischen Kirche ab.

Die Schweizergarde wurde im Rahmen des Friedensvertrags aufgelöst. Die Päpstliche Garnison wurde durch vier Kompanien deutscher und spanischer Soldaten ersetzt. Der Papst setzte durch, dass die überlebenden Schweizer in die neue Garde eintreten durften, doch nur zwölf von ihnen machten von diesem Angebot Gebrauch.

1548 wurde die Schweizergarde durch Paul III. wieder hergestellt.

Die Schweizergarde hat den 6. Mai, den Tag, an dem fast die ganze Truppe in Erfüllung ihres Auftrages gefallen war als hohen Gedenktag beibehalten. Auch heute noch werden im Gedenken an den Sacco di Roma jedes Jahr am 6. Mai die neuen Rekruten in Rom vereidigt.
 
Die Uniform der Schweizer Garde wurden übrigens nicht von Michelangelo entworfen, sondern entspringen den Wappenfarben der Medici, die einige Päpste stellte z.B. Clemens VII und Leo X.

Die 110 Angehörigen der Schweizer Garde haben heute noch eine Reihe von Aufnahmebedingungen zu erfüllen: Sie müssen katholische Schweizer, zwischen 19 und 30 Jahren alt, mindestens 1,74 m groß und sportlich sein. Zusätzlich müssen sie einen einwandfreien Leumund besitzen, eine Mittel- oder Berufsschule sowie die Rekrutenschule der Schweizer Armee absolviert haben. Bis zum Rang eines Unteroffiziers dürfen sie nicht verheiratet sein. Nachdem sie mindestens 25 Monate gedient haben, können sie ihren Dienst beenden, wobei ihnen die vatikanische Staatsangehörigkeit wieder aberkannt wird.

 


nach oben  Startseite