Helmut Newton
Der umstrittenste, bekannteste, bestbezahlteste Fotograf unserer Zeit ist tot..
Am Freitag dem 23. Januar 2004 ist in Los Angeles der wohl berühmteste Fotograf unserer Zeit gestorben: Helmut Newton.
Newton verlor bei der Ausfahrt von einem Parkplatz des Hotels Chateau Marmont nach Polizeiangaben die Kontrolle über das Auto und fuhr in eine Mauer auf der anderen Strassenseite. Er wurde ins Cedars-Sinai-Krankenhaus von Los Angeles gebracht, wo er seinen Verletzungen erlag.
Newton war vor allem wegen seiner provokanten "Modefotos" bekannt geworden. Immer wieder sorgten die unterkühlten Frauenportraits für Aufsehen, vor allem die sadomasochistisch angehauchten Aufnahmen ein Grund für viele, zu fragen was Newton nun eigentlich sei: Künstler oder Pornograf.
Helmut Newton wurde am 31. Oktober 1920 in Berlin als Sohn des jüdischen Knopffabrikanten Neustädter geboren. Mit 12 Jahren bekam er seine erste Kamera, eine AGFA-Box, die Fotografie ließ ihn von da an nicht mehr los.
"Als ich zwölf war, da habe ich mir so eine Box-Kamera gekauft. Wer weiß warum? Was weiß ein zwölfjähriger Junge, warum er was tut."
Seine Schluleistungen waren eher mäßig, da er sich mehr für Schwimmen und Mädels als für Bücher interessierte.
"Ich war verwöhntes Balg, sehr verwöhnt. Man hat mir die Wünsche von den Augen abgelesen. Wenn nicht, hab ich mit den Füßen aufgestampft und geschrieen.
"Die Eltern waren wunderbar, die besten, die man sich vorstellen kann. Meine Mutter und mein Vater hatten ganz verschiedene Einflüsse auf mich. Mein Vater hat nie verstanden, dass ich Film machen wollte oder Fotograf werden will. Das ging ihm nicht in den Kopf. Er wollte, dass ich ins Geschäft geh. Aber wer will schon Knöpfe machen? Nicht ich, auf keinen Fall."
Trotz väterlichen Unmuts durfte Hekmut mit 16 Jahren eine Lehre bei der berühmten Berliner Fotografin Yva (Else Simon) beginnen. Aus dieser Zeit rührt auch ein besonderes Artefakt, das auf einigen seiner späteren Werke auftaucht: das Monokel. Die von ihm angebetete Laborantin (eine ehemalige Bauhaus-Studentin, die sich seh rmaskkulin kleidete) in seiner Lehrwerkstatt beeindruckte ihn so nachhaltig, dass er die von ihr getragene Sehhilfe regelmäßig (und wohl auch ihren gesamten Stil) in seine Bilder einbaute.
Die Lehre musste er allerdings abbrechen, weil er schon zwei Jahre später mit seiner Familie vor dem Naziterror ins Ausland floh. Seine ebenfalls jüdische Lehrmeisterin starb in Auchwitz.
Newton ging nach Singapur und arbeitete als Fotoreporter für eine Zeitung. Allerdings nur zwei Wochen lang, dann warf ihn der Chefradakteur wegen Unfähigkeit wieder raus.
1940 kam er nach Australien und trat in die australische Armee ein mit der er am 2. Weltkrieg teilnahm. Er fuhr meistens LKW.
Nach dem Ende des Krieges eröffnete Newton ein kleines Fotostudio in Melbourne. Dort traf er auch auf seine spätere Frau und Kollegin June Brunell (Künstlername: "Alice Springs"). Die beiden heirateten 1948.
"Was die Paparazzi machen. Da gibt's einige Genies ..."
1957 zog Newton nach Paris um.
In den 60ern begann Newtons Aufstieg. Als Modefotograf revolutionierte er die Bildsprache der damalligen Zeit. Er arbeitete für die großen Magazine wie "Vogue" und "Elle" und deren Bildstrecken würzte Newton mit einem Hauch von Luxus und Sünde.
Seine Leidenschaft galt schon immer luxuriösen Autos, die oft sein Budget um etliches überstrapazierten.
1971 hatte Helmut Newton seiner ersten Herzinfarkt. Ab diesem Zeitpunkt macht er nur noch Jobs, die ihn interessieren.
"Das war 1971 in New York. Ich habe zu viel geraucht, zu viel gearbeitet. Ich hab' versucht, Geld zu machen, Karriere zu machen. Und dann ist der Film gerissen. Ich bin zusammengebrochen. Natürlich hat mich das sehr ängstlich gemacht."
Seit 1981 wohnte Helmut Newton in Monte Carlo.
In den 80er Jahren begann der Aufstieg der "Supermodels". Ihren Nimbus als "Überfrauen" verdanken sie nicht zuletzt den Aufnahmen Newtons, der zu der Zeit schon der bestbezahte Fotograf der Welt war. Bekannt geworden sind vor allem die "Big Nudes" von 1982 und die lebensgroßen Fotos "Sie kommen" zu den ihn lebensgroße Fahndungsfotos der RAF-Terroristen inspirierten.
Er war mittlerweile so bekannt, dass ihm auch andere Prominente als Model zur Verfügung standen. Er fotografierte Schauspieler wie Liz Taylor und Sigourney Weaver aber auch Politiker wie Helmut Kohl und Gerhard Schröder.
"Macht" war schon immer ein wichtiges Thema in Newtons Werk.
1987 erscheint in Alice Schwarzer Zeitschrift "Emma" ein Artikel gegen Newtons pornografisch/faschistisch/rassistischen Werke anprangert. Der Artikel ist mit 19 Abbildungen von Newtons Fotos illustriert. Newtons Verleger Lothar Schirmer klagt gegen "Emma". Alice Schwarzer legt dar, dass es sich bei den Bildern im juristischen Sinne um eine "wissenschaftliche Bildanalyse" gehandelt habe, eine Rechteabgeltung fdaher nicht notwendig gewesen sei. Das Münchner Landgericht gab "Emma" im Prinzip recht, entschied aber, dass dazu 11 Fotos ausreichend gewesen wären und verdonnert den Verlag dazu, die Nutzung aller 19 Bilder zu zahlen.
Newton dazu: "Sie kann mich nennen, wie sie mag, aber wenn sie meine Bilder benutzen will, muss sie auch dafür zahlen."
Übrigens: Bereits 1978 hatte Alice Schwarzer den Stern wegen der Veröffentlichung eines Newton-Fotos verklagt. Die Klageschrift besagte, dass nicht nur die Art und Weise der Darstellung, sondern auch ihre Summierung darauf hindeute, dass System dahinter stecke: Frauendarstellungen als Machtinstrument.
Im Oktober 2003 übergaben Newton und seine Frau mehr als 1000 ihrer Bilder der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die Werke sollen bald in einem eigenen Museum zu sehen sein.
Helmut Newton war farbenblind.