Fotolehrgang AUSRÜSTUNG 2
Zuallererst die schlechte Nachricht: Jedes Foto ist verwackelt. Unser persönliches Zittern, aber auch die Kameratechnik ist dafür verantwortlich. Den dummerweise ist eine Kamera so gebaut, das exakt im Moment der Aufnahme, also dann, wenn die Kamera idealerweise völlig unbewegt sein sollte, die größten Erschütterungen auftreten.
Es gibt allerdings Möglichkeiten diese Faktoren zu minimieren. Darum soll es in diesem Tutorial gehen.
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Stative.
"Verwackelt" möchte ich aber erst einmal von "verwischt" und "unscharf" unterscheiden. "Unscharf" ist ein Bild, wenn die Fokussierung falsch ist, also ein anderes, als das gewünschte Objekt scharfgestellt wurde. "Verwischt" ist ein Objekt, das sich während der Aufnahme bewegt hat, während die Kamera stillstand. "Verwacklung" tritt auf, wenn die Kamera in falschen Moment bewegt wurde.
Was tun wir also gegen das Verwackeln?
Studiofotografen machen es richtig: Sie montieren ihre Kameras auf
Stativen, die aussehen, als wären sie direkt aus einer Werft
abgegriffen. große, schwere Träger mit großen schweren
Auslegern, die sich auf stabilen Rollen bewegen lassen. Irgendwo
mittendrin ist dann eine winzige Kamera montiert, die per Fernbedienung
ausgelöst wird. Das ist zugegebenermaßen etwas unpraktisch
für unterwegs.
Beispiel: hier klicken
Die erste Technik, mit der wir unser eigenes Zittern vermindern
können ist der "Zen-Klick" basierend auf korrekter
Atemtechnik und einem stabilen Stand. Ähnlich wie japanische
Bogenschützen, suchen wir uns einen stabilen Stand, mit beiden
Füßen flach auf dem Boden, leicht in den Knien eingeknickt.
Dann stellen wir scharf, komponieren unser Bild im Sucher, holen
Luft, halten die Luft kurz an und lösen aus. Idealeweise macht
man zwei oder drei Bilder vom selben Standort aus, um die Trefferquote
zu verbessern.
Wenn eine Möglichkeit besteht, stützen wir uns auf, oder
lehnen uns an. Auch die kleinste Stütze bringt immense Vorteile.
Die beste Anti-Verwacklungsmaßnahme ist allerdings, die Kamera aus der Hand zu legen und so den Störfaktor "Mensch" auszuschalten.
1.
Die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Kamera auf eine vorhandene flache Unterlage abzulegen. Um eine bessere Möglichkeit zu haben die Kamera auszurichten, sie zu stabilisieren und gleichzeitig gegen Beschädigung zu schützen kann man sich einen "Bean-Bag" basteln. Ein Stoffsäckchen, mit Reis o.Ä. gefüllt, das für die Kamera eine kuschelige Unterlage bildet.
2.
Wenn man keine Unterlage hat, kann ein "Kordelstativ" gute Dienste leisten. Man besorgt sich eine Schraube, die in das Stativgewinde am Kameraboden passt. Sowas gibts im Kameraladen, auf keinen Fall irgendeine Schraube aus dem Baumarkt nehmen, die "so in etwa" passt, sonst ist das Innengewinde schnell Schrott. An dieser Schraube befestigen wir eine stabile Schnur mit einer Schlaufe am anderen Ende. In diese Schlaufe stellt man beim Fotografieren einen Fuß, zieht die Kamera leicht nach oben, die gestraffte Kordel stabilisiert die Kamera verblüffend gut. Unnötig zu sagen, dass man die Länge der Schnur so abstimmen muss, dass man bequem durch den Sucher blicken kann.
Jetzt kommen die echten Stative. Ein Stativ zeichnet sich dadurch aus, das es stabilen Halt gibt. Das hängt von der Konstruktion des Stativs, der Höhe der Konstruktion, vom Kameragewicht u.s.w. ab.
3.
Die kompakteste Klasse ist das Tisch- oder Klemmstativ. Diese Teile
passen locker ins Handgepäck und dienen zum Abstellen bzw.
festen Anklemmen der Kamera an vorhandenen Objekten (Geländern,
Mauern, Tischen etc.) Witzig und Praktisch sind neuere Modelle wie
der Joby Gorilla Pod, ein Stativ, das sich mit seinen flexiblem
Armen an allerlei Stellen befestigen lässt. Aber immer darauf
achten, dass das Gewicht der Kamera ordentlich gehalten werden kann.
Beispiel:
Hama-Klemm-und-Tischstativ bei Amazon.de
4.
Die nächste Stufe sind Einbeinstative. Eine einzelne Teleskopstange
mit einem Stativkopf ist immer noch leicht genug, um auch auf längeren
Wanderungen mitgenommen zu werden und bietet tolle Beweglichkeit,
wenn man während des Fotografierens öfters die Position
wechseln muss. Viele Sportfotografen benutzen solche Dinge.
Beispiel:
Manfrotto Einbeinstativ bei Amazon.de
5.
Für die "richtigen" Dreibeinstative kann man richtig
tief in die Tasche greifen, dafür erhält man aber auch
den stabilsten Stand. Großgewachsene Fotografen wie ich haben
hier aber den schwarzen Peter. Ein durchschnittliches, im Handel
erhältliches Stativ von ordentlicher Stabilität erreicht
eine Maximalauszugshöhe von ca. 150 cm. Preistechnisch kann
man dafür mit rund 100 Euro rechnen (nach oben offen, klar)
für jede weitere 10 stabile Zentimeter, kommen mindestens 50
Euro dazu (die Höhenverstellung mit der Mittelsäule ist
übrigens nicht gerade das, was extremen Stabilitätskriterien
genügt, daher zähle ich dass nur ungern mit zur Gesamthöhe).
Leichtgewicht bei gleichzeitiger Stabilität ist durchaus machbar,
allerdings kann es sein, dass sie nach dem Erwerb eines solchen
Stativs in eine kleinere Wohnung ziehen müssen...
Beispiel:
Manfrotto Dreibeinstativ bei Amazon.de
Die Bezeichnung "Professionell" bei Stativen unter 100 Euro ist übrigens immer eine Lüge.
"Profi"-Stative erkennt man meistens daran, dass man den eigentlichen Stativkopf extra kaufen muss. "It's not a bug, it's a feature", denn so kann jeder den für seine Zwecke optimalen Kopf wählen. Ein guter Stativkopf schlägt auch mit 100 Euro aufwärts im Portemonnaie ein. Solch einen Stativkopf würde ich immer im Fachgeschäft kaufen, wo man das Teil in die Hand nehmen und auf Herz und Nieren testen kann.
Aktuelle Kameras bzw. Kamera-Objektiv-Kombinationen bieten "Anti-Shake" oder "Vibration-Reduction" oder wie auch immer sie das nennen. Ich war anfangs skeptisch allerdings hat mich die Realität mittlerweile überzeugt. Zumindest das Pentax-System (was anderes habe ich noch nicht getestet) ist ein Knaller - aber auch kein Allheilmittel.
Wenn wir die Kamera jetzt optimal gelagert haben müssen wir die letzten Fehler ausmerzen. Kamera aufs Stativ packen aber über den normalen Auslöser abdrücken ist natürliche blöd. So bringt man wieder Erschütterungen ins System. Ein Fernauslöser, ob mit Kabel oder drahtlos muss sein. So ein Ding kostet deutlich unter 50 Euro und bringt dramatisch viel. Alternativ kann man auch den Zeitauslöser benutzen dann hat die Kamera Zeit sich zu beruhigen.
Bei Spiegelreflexkameras besteht auch die Möglichkeit der "Spiegelvorauslösung". Der Spiegel, der der "Spiegelreflexkamera den Namen gibt schwingt im Augenblick der Aufnahme hoch und erschüttert die Kamera. Mit der Vorauslösung klappt der Spiegel vor der eigentlichen Aufnahme hoch und die Erschütterungen sind abgeklungen, bevor die Aufnahme gemacht wird. Wie das geht , steht in der Betriebsanleitung.
Noch was zum Abschluss. Die Grenze dessen, was ohne technische Hilfsmittel halbwegs verwacklungsfrei aus der Hand fotografiert werden kann liegt (klassische Kleinbildbrennweite!) bei einer Belichtungszeit, die kleiner ist, als der Kehrwert der Brennweite. Eine Brennweite von 200 mm verlangt also eine Belichtungszeit von 1/250 sec oder kürzer. Allerdings verzeihen Weitwinkelbrennweiten mehr als Telebrennweiten.
Scharfschützen, die behaupten auch noch 1/30 sec mit einem Tele ruhig halten zu können, sind Schwätzer. Lassen sie so jemanden einmal eine an der Wand befestigte Zeitung fotografieren und lichten Sie dann das gleiche Motiv vom Stativ ab... und wetten Sie vorher um eine Flasche Wein.
Nächste Woche geht es weiter mit einer Einführung in die Bildgestaltung.