bundestagswahl 2005

Rettet die Wahlen? Egal, wie chaotisch es auch immer abgehen wird, mit Nachwählen in Dresden und so. Hier gibt's schon mal Wahlinfos für Besserwisser.

Die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005

Die aktuell wieder verbreitete Behauptung, dass die letzte Bundestagswahl 2002 für Schwarz-Gelb wegen 6.027 Stimmen weniger verloren ging, stimmt nicht. Es waren über eine halbe Million Stimmen Unterschied.

Ein Blick auf destatis.de, die Website des Statistischen Bundesamtes zeigt (mit ein wenig eigenständigem Addieren und Substrahieren) nämlich etwas ganz anderes :

2002 bekamen die Parteien folgende Zweitstimmen (in absoluten Zahlen)

SPD – 18.488.668 Stimmen (alle Bundesländer)

CDU – 14.167.561 Stimmen (alle Bundesländer außer Bayern)

CSU – 4.315.080 Stimmen (nur in Bayern)

GRÜNE – 4.110.355 Stimmen (alle Bundesländer)

FDP – 3.538.815 Stimmen (alle Bundesländer)

Zählt man nun die Stimmen für SPD/Grüne bzw. CDU/CSU/FDP zusammen kommt Rot-Grün auf 22.599.023 Stimmen und Schwarz-Gelb auf 22.021.456 Stimmen.

Damit hatten SPD und Grüne 577.567 Stimmen mehr als CDU, CSU und FDP.

Und woher kommt nun die Zahl 6.027?

Ganz einfach: Das ist die Differenz zwischen SPD und CDU/CSU. CDU und CSU haben zusammen 18.482.641 Stimmen und die SPD 18.488.668. Das sind die ominösen 6.027 Stimmen mehr als bei der Union.

Und diese 6.027 Stimmen wären nur interessant gewesen für die Wahl des Bundestagspräsidenten, denn denn stellt traditionsgemäß die stärkste Bundestagsfraktion.

Die Farben und Fonts der Fraktionen

Bei den Farben ist es eigentlich ganz einfach: Bündnis 90/Die Grünen - grün, FDP - blau und gelb und die Linkspartei (früher PDS) - rot.

SPD und CDU, früher die „Roten“ und die „Schwarzen“ haben in diesem Bundestagswahlkampf andere Farben. 2004 gab sich die CDU einen orangenen Anstrich und für den Wahlkampf verwendet die SPD nun Umbra, das ist ein hellbrauner Farbton.

Die CDU hat so nun einen Hauch von den Niederlanden. Und ob Umbra so die richtige Farbwahl für die SPD war? Umbra ist lateinisch und kann Schatten/Gespenst/Totengeist bedeuten.

Jede Partei haben inzwischen nicht nur eigenen Farben sondern auch spezielle Schriften für ihre Drucksachen und Plakate.

Die CDU-Schrift heißt FF Kievit.

Mit „GST Polo“ schreibt die CSU.

Die FDP-Schrift ist die „Corporate S“, passend für eine wirtschaftsnahe Partei, die Hausschrift von Mercedes.

Die Schrift der Grünen basiert auf der „Corpus Gothic Oblique“ von Peter Bruhn.

Die Linke/PDS verwendet im Logo „Futura, schmalfett kursiv“ und als Schrift für den Text die „FF Meta".

Früher war die „Futura bold“ die Schrift der SPD, auf den Plakaten 2005 stehen die Worte nun in der Schrift „TheSans“.

Was erwartet den Gewinner der Bundestagswahl?

Auf jeden Fall ein Bundesrat, der bei rund zwei Dritteln alle Gesetze zustimmen muss, mit deutlich schwarz-gelber Mehrheit. Der Bundesrat setzt sich zusammen aus Vertretern des 16 Bundesländer. Die Vertreter werden von den jeweiligen Landesregierungen gestellt.

Im aktuellen Bundesrat sitzen

vier CDU/FDP-Landesregierungen aus

- Baden-Württemberg
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Sachsen-Anhalt

vier CDU-Alleinregierungen as

- Hamburg
- Hessen
- Saarland
- Thüringen

und die CSU-Alleinregierung aus

- Bayern

Vier große Koalitionen aus CDU und SPD aus

- Bremen (SPD-Regierungschef)
- Brandenburg (SPD-Regierungschef)
- Sachsen (CDU-Regierungschef)
- Schleswig-Holstein (CDU-Regierungschef)

Zwei Koalitionen aus SPD und PDS

- Berlin
- Mecklenburg-Vorpommern
Eine Koalitionen aus SPD und FDP
-Rheinland-Pfalz

Schwarz-Gelb hat dank seiner CDU/FDP-Koalitionen, CDU bzw. CSU-Alleinregierungen 43 Bundesratsstimmen von insgesamt 69. Die Mehrheit in der Länderkammer liegt bei 35 Stimmen.Formalien zur Bundestagswahl

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

Allgemein bedeutet: Das Wahlrecht steht mit Vollendung des 18. Lebensjahres jeder Staatsbürgerin und jedem Staatsbürger zu, der nicht entmündigt ist und nicht seine bürgerlichen Ehrenrechte durch ein Gerichtsurteil verloren hat.

Unmittelbar bedeutet: Die Wählerinnen und Wähler wählen ihren Bundestagsabgeordneten direkt. Es werden bei der Wahl keine Wahlmänner und/oder Wahlfrauen zwischengeschaltet.

Frei bedeutet: Es darf auf Wählerinnen und Wähler von keiner Seite ein irgendwie gearteter Druck ausgeübt werden, zu Gunsten oder zu Ungunsten des einen oder anderen Kandidaten, oder zu einer Wahlenthaltung.

Gleich bedeutet: Jede abgegebene Stimme hat das gleiche Gewicht für die Zusammensetzung des Bundestages. Das Stimmengewicht der Wahlberechtigten (Zählwertgleichheit der Stimme) darf nicht abhängig gemacht werden von Besitz, Einkommen, Steuerleistung, Bildung, Religion, Rasse, Geschlecht oder politische Einstellung.

Geheim bedeutet: Niemand darf durch Kontrolle erfahren, wie ein anderer gewählt hat. Allenfalls dürfen Wählerin oder Wähler selbst bekannt geben, wem sie ihre Stimme gegeben haben. Die geheime Wahl muss rechtlich und organisatorisch gewährleistet sein. Sie sichert die freie Wahlentscheidung der Wahlberechtigten und erfolgt mittels Stimmzetteln. Genau genommen kann ein Wahlvorstand es verbieten, wenn ein Wähler seinen Partner oder sein Kind mit in die Wahlkabine nimmt und so ihm zeigt, was er wählt.

Wie ist das mit der Erst- und der Zweitstimme?

Es gibt bei den Wahlen zum 16. Bundestag 299 Wahlkreise für die 598 Sitze im Bundestag.

Der Wahlkreiskandidat wird mit der Erststimme (links auf dem Wahlzettel) gewählt, die Zweitstimme (rechts auf dem Wahlzettel) wählt die Landesliste.

D.h. die Erstimme ist eine Stimme für eine Person, den Direktkandidaten (der im Wahlkreis wohnt, und i.d.R. einer Partei angehört) und die Zweitstimme wählt eine Partei.

Die Anzahl der Zweitstimmen ist aber dann das wichtigste. Denn die Anzahl der Zweitstimmen ergibt die Sitze, die die Partei im Bundestag bekommt.

Ein Direktkandidat kommt in den Bundestag, wenn er die relative Mehrheit der Erststimmen bekommt. Das heißt, der mit den meisten Stimmen gewinnt. Das kann natürlich wenig sein, wenn es fünf Bewerber gibt und einer 19%, drei 20% und einer 21% der Stimmen erhält. Der mit den 21% Prozent hat dann gewonnen und geht nach Berlin.

Ein gewählter Direktkandidat kommt auf jeden Fall in den Bundestag, ein Listenkandidat nur dann wenn seine Partei genügend Stimmen bekommt.

Die Anzahl der Zweitstimmen bestimmt den Anteil der Sitze im Bundestag. Auf diese Sitze kommen aber auch die Direktkandidaten.

Falls also eine Partei 25% aller Direktkandidaten durchbekäme, und 50% der Zweitstimmen, dann bekommt sie im Parlament 50% der Abgeordneten. Aber die direkt gewählten kommen auf jeden Fall ins Parlament. D.h. die ersten 25% der Plätze im Parlament werden von den Direktkandidaten besetzt und dann kommen erst die von den Listen. Wenn es dumm läuft kommt keiner von der Liste ins Parlament, weil alle Direktkandidaten es geschafft haben.

Die wichtigen Leute einer Partei kandidieren in der Regel in ihrem Wahlkreis und stehen vorne auf der Liste. Man sagt „sie sind über die Landesliste abgesichert“. Denn wenn man im Wahlkreis verliert, hat man durch den vorderen Listenplatz doch eine Chance reinzukommen. (Wäre ja auch peinlich, wenn der Bundeskanzler draußen bleiben muss ;-)

Überhangmandate

Es gibt „externe Überhangmandate“ wenn wenn Gesamtzahl der Direktmandate einer Partei die Zahl der ihr nach Zweitstimmen zustehenden Sitzen übersteigt. Externe Überhangmandate sind bisher noch bei keiner Bundestagswahl aufgetreten und extrem unwahrscheinlich.

Und es gibt „interne Überhangmandate", die entstehen in bestimmten Bundesländern und sind damit eine Folge der Aufteilung einer Partei in verschiedene Landeslisten. Alle bisher bei Bundestagswahlen aufgetretenen Überhangmandate sind interne Überhangmandate (da sie Partei-intern auftreten).

Dann gibt es noch die so genannten „Grundmandate". Durch die Grundmandatsklausel kann eine Partei in den Bundestag einziehen, obwohl sie weniger als 5% der Zweitstimmen erhalten hat. Dazu muss die Partei mindestens drei Direktkandidaten durchbringen. Dadurch kam die PDS 1994 und 1998 in den Bundestag. 2002 gewannen nur noch Petra Pau und Gesine Lötsch Direktmandate. Sie saßen offziell als Fraktionslose Abgeordnete im Parlament, waren aber PDS-Parteimitglieder.

Stimmen-Splitting

Man kann mit der Erst- und Zweitstimme unterschiedlich wählen („Stimmen-Splitting“). Vielleicht kennt man den einen Direktkandidaten ja persönlich oder traut dem mehr zu als seiner Partei.

Durch das sogenannte „Splitting“ kann man aber auch taktisch wählen: Die kleinen Parteien haben so gut wie keine Chance einen Direktkandidaten durchzubekommen. Deshalb kann man dann den kleinen Parteinen seine Zweitstimme geben und damit man die Erststimme nicht an den chancenlosen Direktkandidaten verschenkt wählt man damit dann den potentiellen Koalitionspartner seiner Wunschpartei. Dadurch kommt die kleine Partei eher über 5% und der ungeliebte Direktkandidat „der anderen“ schafft es nicht.

Aber keine Regel ohne Ausnahme: 1990 gewann der FDP-Kandidat aus Halle ein Direktmandat. Den Erfolg konnte er dem damaligen FDP-Außenmisnister Hans-Dietrich Genscher verdanken. Genscher, ein gebürtiger Hallenser unterstützte damals massiv seinen Parteifreund. Und 2002 gelang es Hans-Christian Ströble von den Grünen ein Berliner Direktmandat zu gewinnen.

Unabhängige Direktkandidaten

Interessant wird es, wenn in einem Wahlkreis ein unabhängiger Kandidat (also ohne eine Partei mit Landesliste) das Direktmandat gewinnt. Denn dann verfallen Zweitstimmen.

Bundeswahlgesetz, Paragraph 6, Absatz 1: „Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 20 Abs. 3 oder von einer Partei, für die in dem betreffenden Lande keine Landesliste zugelassen ist, vorgeschlagen ist."

Warum ist das so? Jeder Wähler hat enur Anspruch auf einen „Wahlerfolg". Und wenn man einen unabhängigen Kandidaten ohne Partei mit seiner Erststimme durchbekommt, dann verfallen die Zweitstimmen. Denn man darf nciht nochmal seinen Wählerwillen bekommen.

So eine Mischung aus Direktwahl (Erststimme) und Verhältniswahl (Zweitstimme) ist halt kompliziert.

Fünf-Prozent-Klausel

Die Fünf-Prozent-Klausel gehört seit 1949 zum Kern des deutschen Wahlrechts, sie sollte für stabile Verhältnisse im deutschen Parlament sorgen. Durch die Erfahrungen der Weimarer Republik gewarnt, wollte man die parlamentarische Gefahr durch Splitterparteien begrenzen.

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