Bildersturm

Ein paar Bilder und die Welt dreht durch Teil 2

Bildersturm

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Vielleicht einer der Gründe warum seit Urzeiten so mancher so manches Bild ganz schnell zum Schweigen bringen will – und es zerstört oder entfernt.

Um 1350 vor Chr. versuchte Pharao Echnaton die Verehrung der alten ägyptischen Götter zugunsten des Sonnengottes Aton zu ändern.

Seine Nachfolgern Sethos I. und Ramses II. versuchten dann ab 1200 v. Chr. wiederum Echnaton wegen seiner Götterlästerung aus der Geschichte zu tilgen.

Um 440 v. Chr. werden die Fünf Bücher Mose in unseren Alten Testament zusammengestellt. In den Büchern Exodus (Auszug aus Ägypten) und Deuteronomium (Zweites Gesetz) werden die 10 Gebote erwähnt. Das zweite Gebot lautet verkürzt: „Du sollst Dir kein Bildnis machen.“ (Allerdings gibt es verschiedene Bibelversionen. Bei Lutheraner und Römisch-Katholen ist das "Bilderverbot" Bestandteil des ersten Gebotes "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben")

Auch Moses war ein Bilderstürmer. Während er auf dem Berg Sinai die zwei Tafeln mit den 10 Geboten erhielt, baute sein Volk das Goldene Kalb. Das Goldene Kalb war aber ein Götzenbild, das man sich ja nun nicht mehr machen sollte. So zerschlug Moses das Kalb.

In der christlichen Kirche gab es anfangs auch ein Bilderverbot, aber die Kirche erkannte, dass Bilder es leichter machen den Glauben an die Gläubigen zu vermitteln. Schließlich konnten die meisten Menschen nicht lesen.

Im Jahr 622 zieht der Araber Mohammed mit seinen Anhängern von Mekka nach Medina. Mit diesem Jahr beginnt die islamische Zeitrechnung. Der Islam, von Mohammed als eine Weiterentwicklung des Juden- und Christentums, verstanden, legt das Bilderverbot enger aus. So „tobt“ sich die arabische Kunst in kalligrafische Schriftzüge und Pflanzenornamenten aus.

Im 8. und 9. Jahrhundert kam es, vielleicht beeinflusst durch den Islam, zu offiziell angeordneten Bilderzerstörungen im christlichen Byzantinischen Reich. So wurden unter Kaiser Leo III. Christusikonen zerstört und die Anbetung von Marienbildern verboten. Da dabei Bilder zerschlagen wurden und man in Byzanz griechisch sprach nannte man das Ikonoklasmus. (Ikonos – Bild - woher auch das Icon zum Anklicken seinen Namen hat - und klastein – zerbrechen). Allerdings blieben viele christliche Ikonen im Machtbereich des Islam erhalten.

Ikonen malt man übrigens nicht einfach so. Einer Ikone steht nach theologischer Definition Verehrung – aber keine Anbetung – zu. Daher ist Ikonenmalerei eine liturgische Handlung nach strengen Regeln.

Die Gegner der Bilderzerstörung nennt man Ikonodulen, Bilderverehrer.

Unter Konstantin V. wurden weiter Bilder zerstört und Ikonenverehrer verfolgt.

Mit dem zweiten Konzil von Nicäa 787 endete die Bilderzerstörung im Byzantinischen Reich. Die Ikonenverehrung wurde erlaubt, die Anbetung verboten. Theologisch wurde das durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus begründet. Jesus hatte eine menschliche Gestalt und die kann abgebildet werden. Auch die Heiligen waren Menschen, also kann man auch diese abbilden.

Zwischen 813 und 843 wurden die Ergebnisse des Konzils in Byzanz nicht anerkannt, wieder wurden Bilder gestürmt.

1497 veranstaltete der Dominikanermönch Girolamo Savonarola in der theokratischen Republik Florenz ein „Freudenfeuer der Eitelkeiten“ in dem pornografische Schriften, obszöne Bilder, heidnische Bücher, Glücksspiele, Kosmetik, Werke des Ovid verbrannt wurden. Wegen Savonarolas Predigten zerstörte der Maler Botticelli viele seiner Gemälde.

Mit der Reformation 1515 kam es wieder zu Bilderstürmereien. Luther war gegen Ikonklasmus, nach seiner Lehre sind Bilder in Kirchen religiös inspirierte künstlerische Darstellungen. Aber auch Luther war gegen Götzenbilder oder wunderkräftige Bilder.

Aber andere Reformatoren wie Calvin, Müntzer und Zwingli waren da dogmatischer, sie sahen in allen Bildern die berüchtigten und verbotenen Götzenbilder und verbannten die Bilder aus den Kirchen.

Der sowjetische Diktator Stalin drängte seinen innenpolitischen Rivalen, den Gründer der Roten Armee, Leo Trotzki 1925 aus dem Amt des Kriegskommissars. 1926 schloss er Trotzki aus dem Politbüro und 1927 aus der KPdSU aus. Stalin ließ aus allen ihm zugänglichen Dokumenten und Fotos Trotzkis Namen und Abbild entfernen.

1933 wurden in Deutschland von den Nazis Bücherverbrennungen veranstaltet. Verbrannt wurde Werken jüdischer Schriftsteller sowie die von marxistischen oder pazifistischen Autoren.

Ab 1937 plünderten die Nazis systematisch Museen. Im Auftrag des Propagandaministers Goebbels wurden Bilder beschlagnahmt, die „das deutsche Gefühl beleidigen oder die natürliche Form zerstören oder verstümmeln oder sich durch fehlendes angemessenes handwerkliches oder künstlerisches Können auszeichnen“. Einiger dieser avantgardistischen Werke wurden nochmal ausgestellt: 1937 fand im den Münchner Hofgartenarkaden die Ausstellung „Entartete Kunst“ statt. Einige Werke wurden 1939 dann versteigert, andere zerstört.

Während des Zweiten Weltkrieges raubten Deutsche in den eroberten Gebieten massig Kunstwerke zusammen. Die als „entartet“ bezeichneten Werke wurden verkauft oder vernichtet.

Am 30. März 1976 zerstörten einige CDU/CSU-Abgeordnete Plakate des Grafikers Klaus Staeck, die in der Bonner Parlamentarischen Gesellschaft ausgestellt werden sollten. Klaus Staeck (gesprochen: Steck) ist ein linker Künstler, der durch recht bissige und satirische Plakate („Nostalgie ist noch lange kein Grund CDU zu wählen.“, „Deutsche Arbeiter! Die SPD will Euch Eure Villen im Tessin wegnehmen“, „Vorsicht Kunst!“) bekannt wurde. Die Abgeordneten, darunter der spätere Bundestagspräsident Philipp Jenninger, hatten sich aber an den Plakaten zur chilenischen Militärdiktatur gestört. Denn Staeck hatte die Haltung der Union zum dortigen Militärputsch von 1973 kritisch aufs Korn genommen: „Seit Chile wissen wir genauer, was die CDU von Demokratie hält.“

Klaus Steak dazu später in einem Interview: „Der Bonner Bildersturm war einer der großen öffentlichen Skandale, aber gleichzeitig - so wie die Öffentlichkeit bei uns funktioniert - eine der größten Werbeaktionen, die die CDU jemals für mich gestartet hat. Ohne deren tätige Mithilfe in vielen Bereichen wären meine Sachen nicht so bekannt geworden.“

Vom chilenischen Junta-Chef Pinochet stammt übrigens auch der Satz: „Die Demokratie muss gelegentlich in Blut gebadet werden“.

1979 verhinderte der schiitische Mullah und Religionsführer Ayatollah Khomeini im Iran die Zerstörung der sakralen Anlage Persepolis. Es geht also auch anders.

In Afghanistan wurden im März 2001 von den damals noch herrschend Taliban die beiden 35 und 53 Meter hohen Buddhastatuen im Tal von Bamian gesprengt. Die beiden Statuen des asiatischen Religionsstifters stammten aus dem dritten und fünften Jahrhundert. 54 islamische Staaten verurteilten die Zerstörung.

2004 plante die linksautonome Szene die MoMA-Ausstellung in der Berliner Neuen Nationalgalerie zu stören.

Bildersturm geht auch still und leise vor sich: Im Jahr 2005 entfernt das Londoner Museum Tate Britain John Lathams Skulptur „God is Great“aus einer Ausstellung. Das Museum erklärt dies mit dem „sensitiven Klima“ im Land seit den Anschlägen im Juli '05 begründet. „God is Great“ ist eine Serie von Werken, die John Latham seit 1990 kreiert. In den Skulpturen und Assemblagen vereint er auf verschiedene Weise die heiligen Schriften der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam.

Und wenn man es genau nimmt, so war bestimmt jeder mal ein kleiner Bilderstürmer. Jeder hat doch mal Liebesbriefe oder Fotos Verflossener vernichtet. Und wer hat nicht Poster aus seiner Zeit als Kind, Teenager, jugendlicher Rebell und junger Erwachsener abgehängt oder gar abgerissen, weil man einer neuer Mensch geworden war.

 

nach oben  Startseite