20. Juli 1944 - Aber es gab noch andere

Wenn am 20. Juli den Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus gedacht wird bekommt man leicht den Eindruck, dass die Gruppe um Graf Stauffenberg die einzige war, die Hitler entgegentrat.

Es gab allerdings noch andere. Allerdings war die Diktatur Hitlers durch die Widerstandsgruppen nie ernsthaft gefährdet, denn die wenigen hundert Widerstandskämpfer hatten die Gestapo (Geheime Staatspolizei) den Sicherheitsdienst (SD) und ihre Denunzianten gegen sich. Die Gestapo hatte nach einem Gesetz von 1936 weitgehende Vollmachten bei der Verfolgung politischer Gegner: "Verfügungen und Angelegenheiten der Geheimen Staatspolizei unterliegen nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte." Das war der Freibrief für alles.

Maurice Bavaud,
ein Schweizer, versuchte Hitler im November 1938 zu erschießen. Aber da Passanten im Schussfeld standen, fand das Attentat nicht statt.

Georg Elser,
ein Schreiner und Mitglied im Rotkämpferbund baut eine Bombe, mit der er versucht Hitler 1939 zu töten.

Georg Elser wusste, dass Hitler am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller zum Gedenken an den Hitlerputsch vom 9.11.1923 eine Rede halten wird.

Er ließ sich in den Bürgerbräukeller einschließen und innerhalb eines Monats höhlt er eine Säule aus um dort eine Bombe einzubauen.

Die Bombe explodierte wie geplant, 60 Menschen wurden verletzt, 6 getötet - nur, Hitler war schon weg und unterwegs nach Berlin.

Georg Elser wurde beim Versuch über die grüne Grenze in die Schweiz zu flüchten festgenommen. Er gesteht im Verhör die Tat und wird Sonderhäftling im Konzentrationslager Sachsenhausen. 1945 kam er ins KZ Dachau, wo ihn Himmler am 9. April 1945 ermorden ließ.

Durch das 1939 verbreitete Gerücht, dass Elser für den britischen Geheimdienst gearbeitet oder ein Scheinattentat verübt habe, wird er erst spät als Widerstandskämpfer anerkannt.

"Die Weiße Rose"
war aus aus einem studentischen Freundeskreis hervorgegangen und versuchte mit Flugblättern und Wandparolen gegen die nationalsozialistische Diktatur Widerstand zu schüren.

Die berühmtesten Mitglieder waren die Geschwister Hans und Sophie Scholl.

Hans Scholl wurde am 22. September 1918 geboren. Er entsprach dem nationalsozialistischem Typ und war Mitglied der Hitler-Jugend. 1936 nahm er als 18jähriger am Parteitag in Nürnberg teil, stellte aber enttäuscht fest, dass vernünftige Diskussionen dort nicht gefragt waren. Ab 1940 studierte er Medizin an der Maximilians-Universität in München

Sophie Scholl wurde am 9. Mai 1921 geboren und studierte in München Biologie und Philosophie.

Andere Mitglieder waren u.a. Alexander Schmorell, Christoph Probst, Willi Graf, Kurt Huber, Franz Joseph Müller, Heiner Guter, Wilhelm Geyer, Susanne und Hans Hirzel.

Hans Hirzel war übrigens von 1976 bis 1992 Parteimitglied der CDU. Er wurde dann Mitglied der rechtsgerichteten Republikaner (!) und 1994 von seiner Partei als Bundespräsident vorgeschlagen. Inzwischen ist Hans Hirzel Mitglied im Wiesbadener Stadtparlament, trat aber am 1.6.2001 bei den Republikanern aus.

Sie nannten ihre Gruppe "Die Weiße Rose". Der Name beruht wahrscheinlich auf dem Roman "La Rosa Blanca" von B. Traven. Der Roman handelt von der Indianerfarm "Weiße Rose" in Mexiko. Die in der Gegend nach Öl suchende "Condor Oil Company" versucht mit allen Mitteln, u.a. Ermordung des Besitzers, die Farm zu "erwerben".

Nach einem Gestapo Verhörprotokoll von Hans Scholl stammt der Name von einem Werk Brentanos welches auch Rosa Blanca hieß.

Die Weiße Rose veröffentlichte 1942/1943 insgesamt 6 Flugblätter.

Die Flugblätter waren mit Schreibmaschinen getippt, mittels Hektographie vervielfältigt und wurden aus verschiedenen Städten mit der Post verschickt. Ziel war Zweifel an Hitler zu schüren und passiven Widerstand zu stärken.

Das erste Flugblatt mit einer Auflage von ungefähr 100 Exemplaren erschien Anfang Juli 1942.

Das letzte Flugblatt erschien nach der Niederlage der 6. Armee in Stalingrad.

In Stalingrad war die 6. Armee mit 250.000 deutschen Soldaten, über 30.000 rumänischen und russischen Verbündeten vom 22. November 1942 bis zum 2. Februar 1943 von der Roten Armee eingeschlossen. Aufgrund von Temperaturen mit — 40 °C, einem unrealistischen Versprechen Görings, die Armee aus der Luft zu versorgen (täglich 300-400 Tonnen Nachschub wären notwendig gewesen) und insgesamt verantwortungsloser Befehle Hitlers (Durchhalten, nicht ausbrechen) mussten schließlich 146.000 Soldaten sterben. 90.000 Männer kamen in Kriegsgefangenschaft, 6.000 kehrten nach Kriegsende zurück.

Das 6. Flugblatt, hatte eine Auflage von 3000 Exemplaren und wurde mit der Post nach ganz Deutschland verschickt.

In den Nächten auf den 3., den 5. und den 15. Februar bemalten die Mitglieder der Weißen Rose Hauswände im Universitätsviertel mit Parolen wie "Nieder mit Hitler" und "Freiheit!".

Nach Stalingrad hatten andere Gruppen "1918" unter Lebensgefahr auf Hauswände in Deutschland geschrieben. Eine Mahnung an die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg.

Am 18. Februar verteilen die Geschwister Scholl die Flugblätter (Textauszug: "Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir!") während Vorlesungen in der Universität vor den Hörsälen und auf Fensterbänken.

Schließlich warfen sie noch Flugblätter in den Lichthof.

Allerdings war das nicht abgesprochen und war auch nicht die übliche Vorgehensweise der "Weißen Rose".

Bei Verteilen beobachtete sie der Universitäts-Hausmeister, der sie festsetzte und die Gestapo rief.

Auch am 18. Februar 1943 hielt Reichspropagandaminister Joseph Goebbels seine "Rede im Berliner Sportpalast". Er stellte den Krieg mit der Sowjetunion als notwendig dar, da sonst "ganz Europa dem Bolschewismus verfallen" wird. Er stellte auch die berühmte Frage an die Zuhörer: "Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?" Es war übrigens die vierte Frage in einer Reihe von 10 Fragen, die alle von den Versammelten mit "Ja" beantwortet wurden.

Goebbels beendete die Rede mit: "Der Führer hat befohlen, wir werden ihm folgen..."

Hitler-Gegner wandelten den Spruch in "Führer befiel, wir tragen die Folgen!" ab.

Goebbels notiert am Abend des 18. Februar 1943: "Diese Stunde der Idiotie. Wenn ich den Leuten gesagt hätte, springt aus dem dritten Stock des Columbushauses, sie hätten es auch getan!" (Das Columbushaus war ein zehnstöckiges Hochhaus am Potsdamer Platz. Es wurde 1932 gebaut, geriet am 17. Juni 1953 in Brand und wurde 1961 abgerissen.)

Die Geschwister Scholl und Christian Probst wurden vom Volks"gerichts"hof unter Freisler zum Tode verurteilt und am 22. Februar 1943 getötet.

In einem zweiten Prozeß vor dem Volks"gerichts"hof am 19.04,1943 wurden Professor Huber, Willy Graf und Alexander Schmorell zum Tode verurteilt

Insgesamt wurden 80 Menschen verhaftet und in Schutz- und Sippenhaft genommen.

Der "Hamburger Zweig der Weißen Rose"
Aufgrund der ersten Flugblätter der Münchner "Weißen Rose" hatten sich auch in Hamburg ca. 50 Oppositionelle gefunden.

In Hamburg gab es zwei Gruppen: Eine waren ehemalige Lichtwarkschüler (Heinz Kucharski, Margarethe Rothe und Traute Laffrentz) Sie hörten mit der Studienrätin Erna Stahl ausländische Radiosender und lasen Brecht, Mann, Tucholsky, Anderson-Nexö und sozialistische Literatur.

Die Lichtwarkschule war eine Reformschule im höheren Schulwesen der Weimarer Republik. Die Schule wurde 1937 von den Nationalsozialisten aufgelöst. Lichtwarkschüler waren übrigens auch Loki und Helmut Schmidt (Bundeskanzler von 1974 bis 1982). Helmut Schmidt war allerdings von 1939-1945 Soldat und nicht im Widerstand.

Die andere Gruppe war um die Familie Leipelt herum. Beide Gruppen kannten sich über Heinz Marquardt. Er war beim Lesekreis Erns Stahls dabei und ein Freund Hans Konrad Leipelts.

Durch Traute Laffrentz, die in München Medizin studierte kam die Verbindung zu den Geschwistern Scholl und Alexander Schmorell zustande. Über Traute Laffrentz kamen die ersten Flugblätter der Weißen Rose nach Hamburg.

Aber im Sommer und Spätherbst 1943 deckte die Gestapo die Widerstandsgruppe auf. Hans Konrad Leipelt, Greta Rothe, Reinhold Meyer, Frederick Gaußenheimer, Käte Leipelt, Elisabeth Lange, Curt Ledien und Margarete Mrosek.starben schliesslich in Gefängnissen, KZs oder an den Folgen der Haft.

Nach 1945 wurde diese Gruppe als "Hamburger Zweig der Weißen Rose" bezeichnet.

 

Die "Rote Kapelle"
war eigentlich die Gestapo-Bezeichnung für eine kommunistische Widerstandsbewegung. Das Ziel dieser Gruppe war es Deutschland als Staat zu erhalten, aber der Sowjetunion zu helfen. Einige Mitglieder der Roten Kapelle arbeitenen bei deutschen Regierungseinrichtungen. Dadurch konnte die Rote Kapelle die Sowjetunion über politische, militärische, wirtschaftliche Vorgänge und über die Rüstungsproduktion informieren.

Nach einer sechswöchiger Überwachung des Funkverkehrs der "Kapelle" mit der UdSSR wurde die Rote Kapelle am 31.8.1942 zerschlagen. In Deutschland, Paris und Brüssel wurden über 600 Menschen festgenommen. Es wurden in den anschließenden Prozessen 75 angeklagt und 58 Todesurteile vollstreckt.

 

Widerstand in den Reihen des deutschen Militärs
Während der Schreiner Georg Elser schon 1939 erkannte, dass Hitler beseitigt werden musste, brauchten die deutschen Militärs noch einige Jahre.

Mit der Vernichtung der 6.Armee in Stalingrad und der alliierten Forderung von Casablanca nach "Unconditional surrender" (Bedingungslose Kapitulation) sahen auch einige Offiziere im NS-Regime eine Gefahr für Deutschland.

1942/43 trafen sich Henning von Tresckow und der Eichenlaubträger Georg Freiherr von Boeselager. Georg Freiherr von Boeselager war einer der besten Fünfkämfer (Sportart) im Heer. Treschkow fragte Boeselager, ob er sich zutraue, Hitler aus kurzer Entfernung mit einer Pistole zu erschiessen.

Allerdings hatte Hitlers Chefadjudant Schmundt einmal verlauten lassen, dass der "Führer" eine kugelsichere Weste und Mütze trage. Somit konnte der Plan, Hitler zu erschießen zu leicht scheitern.

Also wurde geplant, Hitler von einer Gruppe Offizieren im Casino zu erschießen zu lassen. Es fanden sich wohl auch 10 Offiziere, die bereit waren, aber Feldmarschall von Kluge konnte sich damit nicht anfreunden.

Zum einen fand er es nicht ehrenhaft einen Mann beim Essen zu erschießen und außerdem dürften andere Offiziere nicht gefährdet werden, denn man war ja im Krieg und die Männer wurden noch gebraucht.

An der Ostfront hatten sich der General der Gebirgstruppe Hubert Lanz und sein Chef des Stabes, Generalmajor Dr. Hans Speidel im Februar 1943 und Oberst Graf von Strachwitz darauf eingerichtet Hitler bei Gelegenheit festzunehmen.

Da Strachwitz sein Panzerregiment hinter sich sah, beschloß man, Hitler auf dem Flugplatz von Poltawa (eine Stadt in der Ukraine), oder spätestens während der Besprechungen im Hauptquartier durch Teile des Panzerregiments festzunehmen.

Im Laufe der Zeit wurde der Plan geändert. Man beschloss Hitler durch eine Bombe zu töten.

Auf dem Rückflug vom Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte gaben Henning von Tresckow und sein Adjutant Fabian von Schlabrendorff einem Begleitoffizier Hitlers ein Päckchen mit einer Bombe mit. Die Bombe bestand aus zwei englischen englischen Haftminen des Typs Clam, die in der Verpackung allerdings wie eine Flasche Cointreau aussahen. Allerdings versagte der Zünder.

Rudolf Freiherr von Gersdorff versuchte im März 1943 Hitler und Göring ebenfalls mit einer Bombe umzubringen. Da Hitler aber früher ging als erwartet, wurde der Anschlag nicht ausgeführt.

Axel Freiherr, plante sich gemeinsam mit Hitler in die Luft zu jagen. Der Plan scheiterte, weil von dem Bussche kurz vor dem Anschlag schwer verwundet wurde.

 

Die "Edelweißpiraten" gab es an Rhein und Ruhr.

Es waren Jugendliche, die u.a. die Hitlerjugend wegen des Drills und der Indoktrination ablehnten oder aus ihr ausgeschlossen wurden.

Die Edelweißpiraten leisteten Widerstand gegen die Zwänge die durch das NS-Regime auferlegt wurden.

1943/44 gelangen ihnen einige Anschläge auf Einrichtungen der NSDAP, sie plünderten Versorgungszüge auf Güterbahnhöfen und stahlen Lebensmittelmarken aus Verteilungsstellen.

Viele von ihnen wurden nach der Festnahme in "Wehrertüchtigungslager" gesteckt, oder umgebracht.

 

Die "Herbert-Baum-Gruppe"

hatte Mitglieder aus der jüdischen Jugendbewegung und aus dem Arbeiter- und Kleinbürgermilieu. Sie standen Sozialisten und Kommunisten nahe.

Sie verbreiteten ebenfalls Flugblätter und betrieben gruppenintern politische Diskussionen und kulturelle Arbeit.

Am 18. Mai 1942 verübte die Gruppe in Berlin einen Brandanschlag auf die antikommunistische Propagandaausstellung "Das Sowjetparadies".

Gleichzeitig tauchten Flugblätter von der "Roten Kapelle" auf. Die Hoffnung war, das damit ein Zeichen für den Wiederstand gesetzt werden konnte.

Über 20 Gruppenmitglieder wurden danach von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt.

Andere Widerstandsgruppen waren "Die Rote Hilfe" (sie veröffentlichten Druckschriften zur Information über innen- und außenpolitische Probleme), die "Schumann-Gruppe", die "Saefkow-Gruppe" (sie agierte unter Soldaten und sabotierte die Rüstungsindustrie),

 

Der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen,

prangerte in mehreren Predigten den NS-Terror und die "Euthanasie" an. Im August 1941 erstattete er Anzeige nach Paragraph 211 des Strafgesetzbuches. Da Galen sehr bekannt und populär war, wagten die Nazis es nicht ihn festzunehmen.

 

Der evangelische Pfarrer Martin Niemöller gründete im September 1933 den Pfarrer-Notbund, der gegen den "Arierparagraphen" protestierte. Aus dem Notbund ging später die "Bekennende Kirche" hervor, die sich gegen die Zentralisierung der evangelischen Kirche in Deutschland wendete. Niemöller wird 1937 verhaftet und schließlich im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.

 

 

 

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