Wieviel gummibÄrchen braucht ein Mann, um zu vergessen.

Neulich auf der Autobahn...

Ich war mit der Frau an meiner Seite von Frankfurt aus Richtung Heimat unterwegs. Entfernung Frankfurt Darmstadt: schlappe 30 Kilometer, also wahrlich keine Distanz, die zu irgendwelchen Befürchtungen Anlass gibt. Aber es sollte anders kommen...
Auf halber Strecke gab plözlich unser treuer Twingo eine kurze Serie unseriöser Geräusche von sich und war kaum noch zu lenken. Der erste Gedanke aller erfahrenen Automobilisten: "Reifenpanne". Also suchten wir uns ein gemütliches Plätzchen für unserere Notlandung. Da wir natürlich relativ wenig Auswahl hatten fand der Boxenstopp auf einem malerischen Stück Seitenstreifen am Rande der A5 weitab von jeder Zivilisation statt.

Ich wollte schon immer mal im Stockfinstern Reifen wechseln, Hurra. Und zwar am liebsten bei ca. -10° Außentemperatur während mir ein paar Brummipiloten den Hintern abfahren.

Da unser "Parkplatz" sich nach reiflicher Überlegung doch als eher lebensgefährlich einzustufen war und wir dummerweise keine Taschenlampe dabei hatten und der zuständige Minister sträflicherweise versäumt hatte, die Autobahn hinreichend zu beleuchten, beschloss ich, die "gelben Engel" angerufen, wozu ist man denn Mitglied:
"Wir liegen hier mit einer Reifenpanne auf der A5 kurz hinter dem
Frankfurter Kreuz"

"Welches Frankfurter Kreuz? In Frankfurt gibt es 6 Kreuze"

"Na das "Frankfurter Kreuz", das auf den großen blauen Schildern steht."

"Dass muss ich schon genauer wissen, da gibt es wie gesagt sechs Stück..."

"Ja aber die heißen "Westkreuz", Nordwestkreuz" und so ich meine die Kreuzung von A3 und A5..."

"Ach, sie meinen das "echte" Frankfurter Kreuz..."

Gut für ihn, dass er mir in diesem Moment nicht direkt gegenübersaß.

Und dann die Ansage: "Auf unseren Wagen müssen sie aber etwa eine Stunde warten."

Nun hatte ich aber noch bessere Pläne, als den Abend auf einem unbeleuchteten Seitenstreifen einer Autobahn am Rande der Zivilisation zu verbringen - wenn auch in angenehmer Gesellschaft.

"Kann ich sie anrufen, wenn wir das in der Zwischenzeit selbst geregelt haben ?"

"Klar wir stornieren das dann"

Also, das Behelfswerkzeug rausgekramt und los ging's. Das schönste war, dass ich die ganze Zeit mein linkes Auge direkt neben dem Warnblinker hatte. Ich habe heute noch gelegentlich leichte epileptische Zuckungen.

Der dem Auto beiliegende Wagenheber machte, nebenbei bemerk, auf mich den Eindruck, als könnte man ihn eher zum Öffnen von Fischkonserven verwenden, als dazu, ein tonnenschweres Fahrzeug in labiler Position zu halten. Es soll ja TV-Shows geben, die ihr gesamtes Programm mit Hobbyvideos von Reifenwechselaktionen bestreiten.

Das Reifenabmontieren ohne Licht ist ja schon eher doof, aber den Ersatzreifen wieder draufzufummeln, ohne sehen zu können, wo die Löcher für die Radschrauben liegen bringt auch den stärksten Mann zum Weinen. Vor allem, wenn man dann doch mal den Reifen mit der linken Hand in Position hat, mit der rechten, die Schraube gerade in das erste Gewinde reinfummelt und mitten im Erfolgstaumel von der fürsorglichen Begleitern zurückgerissen wird, weil einem sonst ein unrühmliches Ende unter dem rechten Vorderrad eines 10-Tonnen-Rübenlasters droht.

Aber nach einer knappen, angstschweißgetränkten Viertelstunde hatten wir es geschafft. Der Wagen in fahrbereitem Zustand, keine menschlichen Verluste und ein lustig zerfledderter ehemaliger Reifen als Trophäe. Die dazugehörige Radkappe liegt allerdings heute noch irgendwo zwischen Frankfurt und Darmstadt.

Ich stornierte den Auftrag beim ADAC mit einem gehässigen "Ätsch!" und ging noch den letzten Gang, um das Warndreieck wieder einzusammeln. Im Moment, als ich es in den Kofferraum warf, hielt ein großes gelbes Auto hinter uns...

"Guten Abend, ich komme im Auftrag des ADAC, sie haben eine Panne."

"Nein, nicht mehr."

"Oh, Selbsthilfe. Dann lassen Sie mich kurz das Ganze protokollieren, damit wir von hier wegkommen."

Er nahm dann bürokratisch exakt Wagentyp, Art der Panne und die Menge des von mir vergossenen Schweißes in einer Liste auf und schrieb dann noch "56,– Euro" in ein leeres Feld.

Ich wurde stutzig. "Entschuldigung, entstehen uns jetzt dafür irgendwelche Kosten?"

"Aber nein," beruhigte er mich. "Das übernimmt der ADAC, wozu sind sie den Mitglied."

Das hatte ich mich allerdings auch schon gefragt.

 

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